Geschichte

In Betriebnahme
Die Geschichte des Springbrunnens ist eng verbunden mit dem Aufschwung von Richterswiler Industrie- und Gewerbebetrieben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die reichen Wasservorkommen an den Flanken des Zürichsees bildeten dafür eine ideale Grundlage. 1873 erhielt Rudolf Zinggeler-Syfrig (1819-1897) vom Kanton die Nutzungsrechte am Wasser des Sagenbachs (im weiteren Verlauf Mülibach), den er mit einem Damm unterhalb des "Sternen" aufstaute. Zinggeler benötigte Antriebskraft für seine neue Seidenzwirnerei, die er in der "Garnhänki", am Seeufer östlich von Richterswil, erbauen wollte. Eine Hochdruckleitung von knapp zwei km Länge und ca. 180 m Höhendifferenz sollte über eine Turbine auf mechanischem Weg die Spinnereimaschinen antreiben. In wenigen Jahren liess Zinggeler die Druckleitung vom Sternenweiher zu einem weit verzweigten Hochdrucknetz ausbauen, das vielen Industrie- und Gewerbebetrieben hydraulische Antriebskraft lieferte. Auch Bauernhöfe besassen kleine Turbinen und betrieben damit ihre Mostpressen. Die Druckleitung führte schliesslich bis in die "Mülene" und zur Teigwarenfabrik "Rebsamen". Auch die Richterswiler Wasserversorgung profitierte von Zinggelers Initiative. Mit Triebwasser vom "Sternenweiher" wurde in der Mülene über Kolbenpumpen das dort gefasste Grundwasser zum Reservoir in der "Breiten" hochgepumpt und stellte damit die Wasserversorgung im Dorfgebiet von Richterswil sicher. 1891 ergänzte Zinggeler die mechanische Kraftübertragung mit  einem Stromgenerator. Damit stand der Seidenzwirnerei Zinggeler als erstem Betrieb in der Region ein betriebseigenes Elektrizitätswerk, vorerst für Beleuchtungszwecke, später auch für den Antrieb von Maschinen zur Verfügung.

Zinggeler-Springbrunnen
Die beinahe unbegrenzte Verfügbarkeit von Antriebskraft und von sauberem Trinkwasser muss den damaligen Dorfbewohnern wie ein Wunder vorgekommen sein. Den Stolz auf die neuen Errungenschaften drückte am sichtbarsten die neue Fontäne, der "Zinggeler-Springbrunnen", aus. Zinggeler führte seine Druckleitung von der Fabrik zum nahe gelegenen Seeufer weiter und erstellte dort die einzigartige Fontänenanlage. Sie liess sein Triebwasser in einem Springbrunnen von ca. 70 - 80 m in die Höhe schiessen und wurde zum weithin sichtbaren Zeichen für den Einzug des neuen industriellen Zeitalters in Richterswil. Der Springbrunnen bestimmte bald das Dorfbild von Richterswil und verschönerte Feiern und Festanlässe. Er fand Eingang in die zeitgenössische Reiseliteratur und wurde als "die wohl höchste Fontäne des Kontinents" weitherum bekannt. (Genf hat den "Jet d’eau"  erst 1891 in Betrieb genommen. Dieser war lange Zeit weniger hoch als die Richterswiler Fontäne.) Der Springbrunnen bildete bald das Wahrzeichen der Gemeinde und war der Stolz der Richterswiler. Beinahe hundert Jahre lang wurde das Hochdrucknetz der Firma Zinggeler für den hydraulischen Antrieb von Maschinen, für die Stromgewinnung und auch für die Zwecke der Feuerwehr genutzt. Der Strom aus der Steckdose ersetzte in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts die hydraulischen Antriebe weitgehend (G. Bachmann im Kirchrain betrieb noch bis 1952 seine Mostpresse mit "Zinggelerwasser"). Wegen zu hoher Reparaturkosten für die Druckleitung und zu geringer Rentabilität nahm die Firma Zinggeler das Kleinkraftwerk schliesslich ausser Betrieb und liess die Konzession 1972 löschen. Die Fontäne ist in den sechziger Jahren zum letzten Mal in den Himmel gestiegen.

Gründung Verein und Restaurierung
Es sollte nicht das letzte Mal gewesen sein. Am 22. Januar 2003 fand in der "Chünge" die Gründung des Vereins "Gesellschaft historischer Springbrunnen Richterswil" statt. 2004 hat die Gesellschaft begonnen die verrostete Druckleitung zu ersetzen. Der Sternenweiher wurde 1986 unter Naturschutz gestellt; seither ist die Entnahme von Wasser aus diesem ehemaligen Fabrikweiher verboten. Um die Fontäne zu speisen, erstellte die Gesellschaft in der Nähe des  Weihers ein Reservoir von 585 m3 Inhalt. Die Wasserentnahme erfolgt nun aus einer Wasserfassung am Beginn des Mülibachs, unmittelbar nach dem Überlauf des Sternenweihers. Am 8.12.2007 wurde die erneuerte Fontäne nach einem Betriebsunterbruch von ca. 40 Jahren unter grosser Anteilnahme der Richterswiler Bevölkerung festlich eingeweiht. Die ursprünglich verwendete historische Düse wies konstruktive Mängel auf. An der Fachhochschule Nordwestschweiz in Windisch konstruierte die Studentin Esther Eberhart unter der Leitung von Prof. Kurt Heiniger eine neue Düse, die einen Gewinn an Höhe von ca. 20 m brachte. Die neue Düse ist seit Mai 2009 im Einsatz.  Die Baukosten für das Reservoir und die neue Druckleitung beliefen sich auf ca. 2,2 Mio. Franken. Jahrzehnte lang war die Fontäne das bewunderte Wahrzeichen von Richterswil – dank der Unterstützung von unzähligen ehrenamtlichen Helfern, den  Mitgliedern der Gesellschaft und von grosszügigen Sponsoren ist sie es wieder geworden.

Quellen: Kurt Wild, Auf Richterswils alten Wirtschaftspfaden, 1998, Verlag Druckerei Richterswil AG